Genie in a body

Liebe Otter Crew, ich mache gerade eine Erfahrung, die man glaube ich „Schreibblockade“ nennt. Zumindest dachte ich das.

Mein Blog mag vielleicht öfter schwierige Themen behandeln, die nicht immer jedem willkommen sind, ich finde jedoch, dass ihn der Funke Hoffnung, das „Durchatmen und weiter geht`s“ auszeichnen. Denn Wege des ewigen Gejammers, Beschwerden und Verzweiflung sind nicht für mich gemacht.

Ich kann und will nicht mit Mitleid umgehen, deswegen sage ich vielleicht tatsächlich offen „Nein, es geht mir nicht gut“, Ihr könnt aber darauf wetten, dass ich in 90% der Fälle ein „Aber passt schon, nicht so tragisch“ hinterher werfe 😉 Meistens gestehe ich mir meine Traurigkeit oder Zweifel nicht zu, weil ich weiß, dass ich schon mehr Glück hatte, als es sich andere vielleicht erträumen können. Außerdem mag ich diese Art von Aufmerksamkeit einfach nicht.

Und doch sind es genau diese Schatten, die die Wörter in meinem Kopf wieder gelockert haben. Sie wollen raus. Ok, here we go.

Es folgt ein persönlicher Tagebuchauszug. Ihn zu teilen zeigt eine Seite von mir, die gar nicht so selbstsicher und positiv durch das Leben geht. Wenn Ihr gerade mit Depressionen zu kämpfen habt, möchte ich Euch hiermit vor möglichen Triggern warnen und schicke Euch eine Umarmung.

Tagebucheintrag März 2021

“ Zurzeit fühle ich mich oft so klein. Naja, ich bin klein, körperlich gesehen, da kann ich keinem etwas anderes erzählen. Aber ich fühle mich winzig in mir selbst, irgendwie zusammengequetscht. Meine Seele ist wie ein Flaschengeist in seiner viel zu kleinen Wunderlampe. Wie ein Streichholz, das theoretisch das Potential hat lichterloh zu brennen, aber sich aus irgendeinem Grund nicht entzünden will, egal wie oft und kräftig man es an einer Oberfläche reibt.

Ich liebe das Leben und ich möchte viel wissen und verstehen. Wissen stärkt, Wissen kann aber auch wehtun. Die Welt killt mich manchmal. Dann stehe ich als einziger Mensch auf einem Berg und schreie, damit endlich jemand zuhört, damit endlich jemand kommt und versteht, damit ich mich endlich selbst wieder hören kann, aber meine Stimme verhallt einfach im Nichts. Und meine Kraft lässt nach. Gestern ein bisschen, heute ein bisschen,… Wie ist es morgen?

Wann kann ich wieder meine Seele zeigen? Meine schöpferische Seite, die Veränderung, Befriedigung und Erfüllung bringt. Immer wieder diese Flamme, die ausbrechen will, doch anstatt sie wie ein riesiger Drache auszuspucken, verbrennt sie mich einfach nur innerlich, erinnert mich daran, dass ich gerade versage, dass ich stehen bleibe, dass nichts vorangeht. Sie bringt Ängste und Panik, meine Zeit zu verschwenden. Alle Zeit zu verschwenden. Dabei will ich nur kreieren. Ich will nur sehen und hören, geben und lernen. Etwas erschaffen.

Ich finde den Weg nicht. Jetzt gerade nicht. Es bringt mir auch nichts zu wissen, dass es wieder besser wird. Ich weiß, dass es besser wird. Aber wann? Wann? Wann dauerhaft? Wann ist die größte Hürde überwunden? Kommt meine Zeit? Kommt DER Punkt? Bin ich überhaupt diese Person, die ich da in mir spüre und sehe? Oder ist das nur die Magie der Selbsttäuschung? Bin ich vielleicht doch dieser schwache Körper, der von einer Krankheit zur nächsten kriecht? Die, die ihren Job hasst, aber einfach nichts anderes zu bieten hat?

Was ist denn mein Kern? Und wo kann ich ihn finden?

Wut und Akzeptanz

Nur wenige Tage nach diesem Eintrag hatte ich einen meiner regelmäßigen Kontrolltermine beim Augenarzt, nach dem klar war, dass ich wiederholt einen Krankenhausaufenthalt vor mir habe.

Kurz zur Erklärung: Im Alter von 3 Jahren habe ich die Diagnose Rheuma bekommen. Dementsprechend hatte ich sehr frühe Erfahrungen mit Schmerzen, Medikamenten, operativen Eingriffen und auch Ausgrenzung. Ich musste schnell feststellen, dass es quasi unmöglich ist, seinen Mitschülern und Lehrern zu erklären, dass man von einer Krankheit betroffen ist, die sonst „doch nur alte Leute“ haben. Ich hatte oft das Gefühl, dass man mir nicht glaubt, mich nicht ernst nimmt. Trotzdem habe ich auch damals einen guten Umgang damit gefunden, indem ich dem Ganzen einfach nicht so viel Macht zugesprochen habe. Als kleines Kind habe ich die langfristige Bedeutung und Auswirkung einer chronischen Krankheit auch nicht verstanden. Doch es ist so, dass ich mich schon immer gerne und viel bewegt habe, mein Traum war es, Musical Darstellerin zu werden. Musik, Schauspiel, Tanz, das war Perfektion für mich. Die Realität sah aber so aus, dass ich nicht mal am Sportunterricht teilnehmen durfte. Der Sportverein war tabu, ich durfte nicht wie meine Freundinnen zu den Tanzmariechen,… und so wurde ein großer Teil von dem, was mich ausmacht, weggesperrt.

Was so mancher nicht weiß, ist, dass eine rheumatische Erkrankung durchaus auch Einfluss auf die Organe nehmen kann, das Herz beispielsweise. Übrigens nicht nur die Erkrankung an sich, sondern auch die Medikamente sind mitunter richtige Hämmer. In meinem Fall hat sich das schon früh auf die Augen ausgewirkt. So hatte ich immer wieder Entzündungen und im Alter von 16 Jahren einen Grauen Star. Mit 28 habe ich mein Glaukom, den sogenannten Grünen Star, willkommen geheißen, der mir mittlerweile 7 Eingriffe, davon 4 stationär, abverlangt hat.

Worauf ich damit hinaus möchte, ist nicht die Demonstration meiner Stärke oder das Aufzeigen meiner geplatzten Kindheitsträume. Damit will ich sagen, dass ich Phasen starker Wut durchlebe, weil es eben doch Steine gibt, die wir nicht einfach auf unserem Weg zur Selbstverwirklichung, zur Selbstkreation, zur Seite rollen oder bezwingen können.

Das ist keine Einsicht, die einem das Leben vermiesen muss. Doch es kann wehtun, einen Teil in sich zu spüren, der keine Chance hat. Bei aller Achtsamkeit und Kraft und allem Selbstbewusstsein ist es ok, sich sowas auch einzugestehen und dann durchzuhängen, zu zweifeln, Angst zu haben und vor allem um diesen Teil zu trauern. Manchmal kann man danach sogar versteckte Wege finden, die es ermöglichen sich auf eine andere Art mit seiner Leidenschaft zu beschäftigen. Wenn etwas zu Dir gehört, wird es auf die eine oder andere Art auch von Dir angezogen. Nur nicht unbedingt auf die, die Du Dir wünschst. Das ist nicht immer leicht zu akzeptieren.

Sich immer wieder in den Käfig zurück geschubst zu fühlen, sich von anderen seine vermeintlichen Grenzen diktieren lassen zu müssen, das macht wütend. Auch wütend auf Menschen, die einem helfen möchten. Für mich führte es immer wieder dazu, dass ich mich ein bisschen verlor, rebellierte, eskalierte, explodierte, bis es mich deprimierte.

Auch als Erwachsene mache ich die Phasen manchmal noch durch, ich kann es nur anders betrachten. Ich weiß, dass es mir körperlich schlechter geht, wenn es seelisch brennt. Ich weiß, dass mich Schmerzen oder die Genervtheit von den ganzen Terminen verletzlicher und anfälliger für Traurigkeit machen. Das eine führt zum anderen, wie es so schön heißt.

Man kann eine laute, tanzende, turnende, hüpfende, wirbelnde Seele haben und muss ihr doch immer wieder sagen, dass es jetzt Zeit ist, sich zu setzen und zu schweigen. „Meine Seele ist wie ein Flaschengeist in seiner viel zu kleinen Wunderlampe.

Nun, wo ist der Funke der Hoffnung und das Durchatmen jetzt gerade? Sie sind auch da. Das Traurige, Schräge, Verzweifelte in uns existiert eben auch. Es zu ignorieren hilft genauso wenig, wie sich ganz darin zu verlieren. Ich sehe so ein Tief wie eine innere Zusammenkunft. Ein Kriegsrat, der im Geheimen tagt, um wieder zu alter Kraft und neuen Wegen zu finden, die besser funktionieren. Rückschläge müssen verarbeitet werden und manchmal kommt man an einen Punkt, an dem man das auch nicht mehr alleine schafft. Ich lasse den inneren Emotionsrat also tagen und schaue, was sie mir am Ende vorschlagen. Wird schon passen 😉

2 Antworten zu “Genie in a body”

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