Loslassen

Es fängt bei den kleinen Dingen an. Kennt nicht jeder von uns diese eine Sache, die er als Kind z.B. niemals essen wollte und eines Tages entwickelt man einen plötzlichen Heißhunger darauf und fragt sich, wie man die ganzen Jahre darauf verzichten konnte?

Oder eben genau umgekehrt: Über Jahre liebte man nichts mehr, als eng zusammengekuschelt mit dem*der Partner*in im Bett zu liegen und eines Nachts stellt man fest, dass man möglichst viel Platz für sich alleine braucht und das nächtliche Gefummel nicht mehr so liebt wie früher 😉 So kann es eben auch mit den tiefgreifenden Themen in unserem Leben passieren.

Vielleicht nimmt man eine Veränderung unterbewusst schon eine Weile wahr. Vor allem in den vergangenen Monaten finde ich mich immer wieder in Situationen, in denen ich plötzlich denke „Wow, das ist nicht mehr meine Richtung“. Das kann z.B. das berufliche Leben betreffen. Man macht einen Job, der immer okay war und dann kommt der Tag an dem man merkt, dass es so nicht mehr weitergeht und zwar ab sofort. So eine Erkenntnis stellt einen manchmal vor große Herausforderungen, vor allem, wenn eine solche Veränderung auf persönlicher Ebene stattgefunden hat.

Wie erklären wir Personen, die uns nichts Böses getan, nichts falsch gemacht haben, dass wir unsere vielleicht einst starke Verbindung zu Ihnen nicht mehr spüren können. Dass wir uns vielleicht auch endgültig distanzieren möchten. Wie, wenn es eigentlich keine Erklärung dafür gibt? Gehen wir diesen Menschen aus dem Weg und hoffen auf ein leises Ausschleichen dieser zwischenmenschlichen Beziehung? Erledigt es sich so von alleine? Oder müssen wir uns einem Trennungsgespräch stellen? Warum fällt es uns denn überhaupt so schwer, uns aus Situationen oder von Menschen zu lösen, die uns doch gar nicht mehr gut tun, uns oftmals sogar schaden?

Ich denke, dass man das an mehreren Aspekten festmachen kann. Einer davon ist z.B. Gewohnheit, die ein Gefühl von Sicherheit mit sich bringt. Wollen wir wirklich den Job aufgeben, der uns über so viele Jahre ernährt hat, wo wir so nette Kollegen haben oder bei dem uns die nächste Beförderung vielleicht sogar schon zuwinkt? Wollen wir unsere Wohnung aufgeben, die die perfekte Lage hat, ganz nah bei unseren Freunden und der Familie? Wollen wir eine Partnerschaft beenden, die doch eigentlich ganz okay ist und uns dafür in ein Leben als Single schmeißen, das uns nicht den neuen perfekten Partner garantiert? Menschen können sehr viel, der Blick in die Zukunft bleibt uns aber doch noch verwehrt. Vielen von uns macht das Angst, das ist natürlich. Vor allem, wenn wir nicht mehr Anfang 20 sind und das Gefühl haben, etwas zu verlieren zu haben.

Ein anderer Grund sind unsere Gefühle vor allem Personen gegenüber. Besteht eine Freundschaft schon lange und es gab keinen großen Streit, der sich als dunkler Schatten auf sie gelegt hat, können wir eine plötzliche Distanz wie gesagt oft kaum erklären. Es ist keine angenehme Aufgabe, jemanden möglicherweise zu verletzen, auch nicht, wenn man sich wirklich aus dieser Bindung lösen möchte. Es bedeutet nicht automatisch, dass einem die Gefühle des anderen egal sind oder dass man der Person etwas Schlechtes wünscht. Man hatte immerhin bis zu einem gewissen Zeitpunkt eine gute, vielleicht sogar liebevolle Beziehung zueinander.

Ich glaube nicht, dass alles ein Ablaufdatum hat. Doch ich stelle mir das Leben wie einen Fluss vor. Das Wasser fließt stetig weiter. Manches zieht mit uns, bleibt lebendig, anderes bleibt an Ort und Stelle verankert, wie kleine Felsen, die allmählich aus unserem Blickfeld verschwinden. Sie werden immer ein Teil von uns sein, haben uns eine Zeit lang begleitet, spielen aber in unserer Gegenwart keine Rolle mehr. Das nimmt ihnen nicht ihre Bedeutung, .

Loslassen. Das ist mehr als ein wichtiges Schlüsselwort. Es ist etwas, das wir lernen können und sollten. Seien es Menschen, Jobs, Ängste, Zweifel, Trauer,… Loszulassen bedeutet nicht, etwas zu vergessen oder keine Bedeutung mehr zukommen zu lassen, ist nicht gleichzusetzen mit Egoismus oder „egal sein“. Es ist nicht mal dasselbe, wie etwas loszuwerden. Akzeptanz ist vielleicht ein treffender Vergleich. Wir akzeptieren, dass die Dinge sind, wie sie sind. Dass wir so sind, wie wir sind und unseren Bedürfnissen folgen. Dass nicht alles für immer zu uns gehört.

Ich gehöre zu den Menschen, die es gerne allen recht machen und versuche mir das immer mehr abzutrainieren. Denn in den allermeisten Fällen geht das für mich selbst nicht so gut aus. Es kann dazu führen, dass wir Zeit verschwenden. Unsere Lebenszeit. Denkt man daran, wird einem schnell bewusst, dass man sich selbst Zufriedenheit, Ruhe und auch persönlichen Fortschritt vorenthält, indem man in energieraubenden Situationen verweilt.

Empfinde ich mich als ich selbst? Es lohnt sich, sich die Frage ab und zu zu stellen, ganz besonders natürlich, wenn man anfängt einen Unfrieden in sich wahrzunehmen. Inzwischen habe ich leider mehr als einmal festgestellt, dass dieses Gefühl nicht nur innerlich wahrgenommen wird, sondern sich auch Schritt für Schritt einen Weg nach außen bahnt, ignoriert man es zu lange.

Etwas oder jemanden loszulassen und weiter zu ziehen, ohne zu wissen, wohin dieser Schritt führt, erfordert etwas Mut und Risikobereitschaft. Am Ende können wir davon ausgehen, dass unser Gefühl den richtigen Weg für uns kennt.

Ich kann nur für mich selbst sprechen, doch obwohl ich weiß, dass mich mein Gefühl, meine Intuition bisher fast nie getäuscht hat, fällt es mir dennoch nicht bei jeder Entscheidung leicht, 100%ig darauf zu vertrauen. Das lässt sich aber ändern, indem man sich antrainiert, seine Entscheidungen bewusster zu treffen und damit jedes Mal genauer auf sich selbst zu hören. Denn wenn wir mal ehrlich sind, wissen wir sehr genau, was wir wollen und was uns guttut. Wir müssen es nur wagen, die ersten Schritte zu gehen.

Liebe und gute Vibes für Euch!

Der Otter

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