Ehrlichkeit

Ehrlichkeit ist ein Wert, der für mich gegeben sein muss, um mich langfristig in meinen zwischenmenschlichen Beziehungen wohlzufühlen. In den letzten Monaten hat sich das immer wieder bestätigt. 

Das Erste, was vielen an mir auffällt, sind meine großen braunen Augen und mein Lächeln. Außerdem sehe ich jünger aus, als ich bin, bin nur 1,58m groß und grundsätzlich nett zu Menschen. Warum auch nicht? 

Doch dass ich so aussehe, wie ich aussehe und so bin, wie ich bin, ist auch der Grund dafür, dass ich mir meistens erstmal Respekt erkämpfen muss, damit man mich als erwachsene Person wahrnimmt, die ernst zu nehmen ist und nicht als süße Deko. In meiner beruflichen Laufbahn gab es schon so einige Leute, die mich für die Praktikantin hielten, obwohl ich in leitenden Positionen gearbeitet habe. Wenn ich an Gesprächen teilhabe, an denen auch ältere Menschen beteiligt sind, höre ich regelmäßig sowas wie: “Ach ja, mit Anfang 20 ist das ja was anderes, werd mal noch ein paar Jahre älter.” Ich bin 32…
Das sind Dinge, die mich unwahrscheinlich nerven, die ich aber klarstellen kann, um dann den beschämten Ausdruck in den Gesichtern zu genießen. 

Ich weiß allerdings auch schon lange, dass meine Erscheinung ausreicht, um einen bestimmten Schlag Mensch anzuziehen. Menschen, die mich für naiv und sich selbst meist für cleverer halten, als sie es tatsächlich sind. Über die Jahre habe ich dafür einen ganz guten Radar entwickelt, doch manchmal gelingt es einer Person trotzdem durchzurutschen.
Es ist nicht besonders schwer einen Draht zu mir zu finden. Ein Teil meines Lebens zu werden schon eher. Ich passe gut auf, mit welchen Personen ich mich umgebe und ob sie mir gut tun und ich ihnen vertrauen kann.
In den letzten Monaten haben sich ein paar meiner zwischenmenschlichen Beziehungen radikal verändert. Ihr wisst, dass ich ein Fan von Veränderung bin, da sie mit einem Lernprozess einhergeht. Das ist immer so, auch jetzt. Trotzdem hat das Ganze diesmal einen miesen Beigeschmack von Enttäuschung. Oder Wut? Vielleicht beides. 

Menschen gehen, das ist ok. Aus meinem Leben muss sich nie jemand losreißen, ich lasse gerne freiwillig los. Was ich nicht mag, ist, wenn man sich davon stiehlt. Oder kommt und geht, wie man möchte. Ich mag es nicht, nur einem Ziel zu dienen oder wenn mir etwas vorgemacht wird. Das alles ist für mich unehrlich. Das alles hat meine Zeit nicht verdient und es macht mich wütend, dass sie von diesen Menschen trotzdem in Anspruch genommen wird. 
Ich habe mich in letzter Zeit immer wieder gefragt, warum manche Leute das Gefühl haben, unehrlich sein zu müssen. Doch die Antwort ist ziemlich einfach: Sie haben Angst, ihren Vorteil zu verlieren, denn es gibt ja einen Grund, warum sie sich bei bestimmten Personen aufhalten. Ein Ziel, ein Hintergedanke.
Dabei würde es manchmal weniger Schaden anrichten, einfach zu sagen: “Hey, das ist ne Bekanntschaft auf Zeit” oder “Ich denke, du kannst mir helfen, mein Ziel zu erreichen. Würdest du das tun?” oder “Ich find dich sexuell anziehend, ich will aber nicht mit dir befreundet sein”. 
Ein kleiner Moment der Wahrheit, der sicher dazu beiträgt, dass sich weniger Menschen mies fühlen.

Ist ein Part der Freundschaft, Partnerschaft oder sonst einer Beziehung nicht ganz ehrlich, bekommt man nie die Chance, wirklich mit zu entscheiden. Man kennt die Rahmenbedingungen ja gar nicht, die diese Beziehungen mit sich bringen. 
Ich hab keine Lust mir ständig Gedanken darüber zu machen, ob mich gerade wieder jemand für leichte Beute hält und ich in einer Falle gelandet bin oder ob ich mich in Sicherheit öffnen kann. Ich hab keine Lust auf den leichtfertigen Umgang mit Freundschaften, mit Menschen.
Wir sind nicht perfekt und es gibt nicht nur Weg A und Weg Z, dazwischen liegen so viele weitere Wege und manchmal biegen wir ohne böse Absicht falsch ab. Doch das sind nicht die Momente, von denen ich rede. Ich meine die bewusste Wahl einer bestimmten Person und die Entscheidung, sie immer ein bisschen im Nebel zu lassen, um ihr etwas anders zu verkaufen, als es ist.

Lasst uns doch bitte mal ehrlich sein. Und am besten nicht nur “mal”, sondern so ganz grundsätzlich. Können wir das noch lernen? Das bedeutet nicht, dass wir uns alle unsere Geheimnisse verraten müssen. Es bedeutet nur, dass wir fair sind und uns nicht gegenseitig blenden.

Eine Antwort zu “Ehrlichkeit”

  1. Das wäre so wunderbar. In so einer Welt möchte ich leben.
    Leider ist es aber so, das die meisten Menschen andere nur zu ihrem Vorteil benutzen.
    Aber ich gebe mir Mühe jeden Tag neu zu starten, dadurch treffe ich auch ehrliche Menschen. Das sind die Glücksmomente die das Leben schön machen. ;-D

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